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28.07.2022

Warum monolithische Systeme die Vergangenheit sind

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In der IT-Welt ist ein Monolith ein Software-System, das versucht, alle Anforderungen und Herausforderungen, die an die Anwendung gestellt werden, mit einer einzigen Software-Suite zu lösen. Also die “Alles-in-einem”-Lösung; die eierlegende Wollmilchsau, die gerne und oft versprochen wird. Doch was sich so einfach anhört, ist in Wahrheit oft komplexer als es scheint – und als es sein sollte. Und was inzwischen durch neue Headless-Systeme abgelöst wurde. Steile These? Schauen wir uns das genauer an.


Eigenschaften und Grenzen monolithischer Systeme

Eine Besonderheit von monolithischen Systemen ist, dass die Software-Komponenten fest miteinander verbunden und somit voneinander abhängig sind – nicht etwa lose gekoppelt, wie es bei modularen Systemen oder Headless-Software der Fall ist. Diese Verflechtung innerhalb von Monolithen ist, aus unserer heutigen Sicht, ein Problem: Sie stoßen schnell an ihre Grenzen, wenn die Anwendung wachsen oder auf die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden muss.

Eine weitere monolithische Eigenschaft ist, wie bereits erwähnt, der große Funktionsumfang, der innerhalb dieses einen Systems abgebildet wird. Doch die vielen Features führen schnell zu einer riesigen und komplexen, monolithischen Code-Basis. Diese ist nicht nur aufwändiger zu managen, sondern erschwert auch Aktualisierungen oder Weiterentwicklungen, da Änderungen an einem Teil der Software zu unbeabsichtigten Auswirkungen auf andere Teile führen kann – was längere Entwicklungs- und Testzyklen erfordert.

Doch wie vieles hat sich die Systemlandschaft der Software evolutionär weiterentwickelt. Dass wir heute als Digitalagentur von monolithische Systeme eher abraten, ändert nichts an der Tatsache, dass die Geschichte vom monolithisch geprägten Internet lange von Erfolg gekrönt war.


Am Anfang war der Monolith

Das World Wide Web ist mittlerweile gute 30 Jahre alt. Hierzulande begann die Erfolgsgeschichte damit, dass AOL 1995 breites Internet nach Deutschland brachte. Und es sollte nicht lange dauern, bis auch einige Unternehmen “online” gingen. In der Dotcom-Boom-Phase der 2000er entdeckten Unternehmen die Möglichkeiten des Internets: Sei es, um ein breites Publikum zu erreichen, Produkte zu verkaufen, Dienstleistungen anzubieten oder einfach nur um digitale Präsenz zu zeigen. 

Die Nachfrage nach einfachen, schnellen und universellen Website- und Plattform-Lösungen war da. Und deshalb wuchs auch das Angebot. In dieser Zeit sind viele bekannte CMS- und E-Commerce-Software-Suites geboren, wie TYPO3 (2004), Sitecore (2001), Drupal (2000), Shopware (2004), Oxid (2003), First Spirit (2000) OpenText (1991), Magnolia (1997), Intershop (1992), Demandware (2004) und so weiter und so fort.

Doch wie kam es dazu, dass sich in der Vergangenheit oft die monolithischen Lösungen von ein paar wenigen, großen Software-Anbietern durchgesetzt haben? Es hat, wie so oft, mit Sicherheit und Vertrauensvorschuss zu tun.


Harte Entscheidung: Absicherung vs. Freiheit

Wenn es um die Umsetzung von Software-Projekten geht, braucht es meist die IT-Expert:innen eines Unternehmens, um sicherzustellen, dass die Software sauber in die bestehende Firmen-Infrastruktur des Unternehmen integriert werden kann. So kommt der IT-Abteilung eine große Verantwortung zu, sich für die richtigste und sicherste Option zu entscheiden.

Deshalb setzten vor allem in der Vergangenheit viele IT-Teams bei der Entscheidung für ein CRM-, PIM- oder ERP-Systeme auf die bekanntesten Standard-Lösungen von Legacy Tech Companies. Und somit auch auf die Lösungen, die am Markt besonders viel Vertrauen genießen. So verfolgten viele Unternehmen beispielsweise die “Microsoft-Strategie” oder die “SAP-Strategie” – sprich: Ein großer Softwarehersteller wird als Unternehmenslösung für alle anfallenden IT-Aufgaben ausgewählt. Mit der Zeit entstanden Anforderungen wie z.B. Webserver IIS (Internet Information Server von Microsoft) und MSSQL-Datenbanken – weil man eh Software und Support bei Microsoft einkauft und lizenziert hatte. Das hatte auch den Vorteil, dass Schnittstellen zwischen den Systemen in der Regel nahtlos funktionieren konnten bzw. schon vorhanden waren. Also insgesamt eine IT-Entscheidung, die aus damaliger Sicht sicherlich plausibel war. Dies führte zu den folgenden Lösungen:

  • Software, die nah an der Software-Strategie der Anbieter war

  • Lösungen, die kompatibel waren mit den Datenbanksystemen der Unternehmenssoftware 

  • Software, für die man über Rahmenverträge Update und Support einkaufen konnte

  • Software, die bereits mit Schnittstellen ausgestattet war zu CRM, ERP und PIM

  • Software, die zu der IT-Infrastruktur der Unternehmen passte


Herzlichen Glückwunsch, gefangen im Vendor-Lock. Wenn man sich für das System eines Legacy-Tech-Anbieter entscheidet, geht man das Commitment ein, sich ausschließlich in der jeweiligen Welt des Anbieters zu bewegen. Das heißt auch: Eigene, spezielle Anforderungen können nur mit Custom Code und auf Basis der bestehenden System- und Produktlandschaft entstehen. Mit der Entscheidung erhält man zwar Basis-Kompatibilität und Sicherheit – aber zahlt dafür den Preis der Austauschbarkeit und der Innovationsfähigkeit. Und auch den Preis der Wartungskosten, was wir als nächstes kurz aus Sicht der Agenturen anreißen wollen.


Wie Agenturen von Monolithen profitieren 

Hier möchten wir ein wenig provozieren, denn let’s be honest: Davon haben wir in der Vergangenheit ebenfalls profitiert. Aus der Sicht einer Agentur kann es ein lohnendes Geschäftsmodell sein, die monolithischen On-Premise-Lösungen zu verkaufen. 

Denn weil die Suiten in der Regel auf internen oder externen Server gehostet werden, müssen sie auch regelmäßig gepflegt und gewartet werden. Neben Sicherheits- und Bugfixes bedarf es regelmäßiger Softwareupdates, welche nicht zentralisiert werden können – wie es z.B. bei einer SaaS-Lösung möglich ist. Und weil die monolithische Codebasis oft auf die individuellen und ganz speziellen Bedürfnisse der Unternehmen angepasst ist, sind solche Updates und Upgrades sehr aufwendig und kostenintensiv. In der Regel fallen dafür zwischen 20 bis 25% der Initialkosten an. Veranschaulicht heißt das: zu beispielhaften 500.000 Euro Initialkosten kommen dann nochmals zwischen 100.000 bis 120.000 Euro Wartungskosten hinzu – die jährlichen Lizenzkosten noch nichtmals mit eingerechnet. 

Extrawünsche und Wartung haben also ihren Preis. Aus Sicht der Agentur ist dies ein Geschäftsmodell, das sich nicht nur finanziell auszahlt, sondern auch die Kundenbindung und somit Absicherung erhöht. 


Zwischenfazit: Es ist (zu) kompliziert.

Wir halten fest: Monolithische Systeme mögen in der Vergangenheit die eierlegende Wollmilchsau gewesen sein – aber “Rundum-sorglos-Pakete” sind sie heute definitiv nicht mehr. Legacy und monolithische Content-Management-Systeme erfordern von Unternehmen einen kostspieligen und ressourcenintensiven Einsatz, der nicht unbedingt zukunftssicher ist.

Denn monolithische Systeme genügen nicht (zwingend) mehr den Anforderungen, die das heutige Internet und moderne Software-Entwicklung mit sich bringen. Innerhalb der letzten Jahre haben sich der Markt, die Lösungsvielfalt, und auch die Ansprüche der Anwender:innen weiterentwickelt. Es hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden, auf den wir im zweiten Teil genauer eingehen wollen.