Barrierefreiheit ist das Thema, bei dem sich die meisten Website-Betreibenden auf einem schmalen Grat zwischen Panik und Tiefenentspannung bewegen. Ab Mitte 2025 ist es für (fast) alle Unternehmen verpflichtend, die eigene Website Experience barrierefrei zu gestalten. Warum deine Website höchstwahrscheinlich auch vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen ist und wie du gut ins Handeln kommen kannst, erfährst du in diesem Text.
Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Menschen – unabhängig von ihren körperlichen oder geistigen Fähigkeiten – ohne Hindernisse Zugang zu Orten, Produkten, Dienstleistungen und Informationen haben können. Im digitalen Bereich heißt das, dass Websites, Apps und andere Technologien so gestaltet und entwickelt sind, dass sie für alle zugänglich und nutzbar sind.
Barrierefreiheit ist ein Grundrecht und betrifft alle Menschen, weil sie grundsätzlich allen ermöglicht, Inhalte und Dienste unabhängig von möglichen Einschränkungen zu nutzen. Alle profitieren von barrierefreien Angeboten, aber besonders angewiesen sind bestimmte Gruppen:
Jede:r kann von Einschränkungen betroffen sein – temporär, situationsbedingt oder dauerhaft. In Deutschland betrifft das Thema Barrierefreiheit schätzungsweise zwischen 25 und 34 Millionen Menschen. Für all diese Menschen bedeutet digitale Barrierefreiheit:
eine bessere Lebensqualität,
soziale Teilhabe, die vielleicht nur oder meist digital möglich ist und
ein “normales” Leben, das für Menschen ohne Einschränkungen selbstverständlich ist.
Um digitale Barrierefreiheit im Web zu gewährleisten, tritt am 28.06.2025 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Grundlage dafür sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.2), die einen umfassenden Überblick über die Anforderungen an barrierefreie Webinhalte bieten. Die Richtlinien beinhalten detaillierte Anweisungen und Kriterien, um die Zugänglichkeit zum Internet für alle sicherzustellen, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen.
Sie bestehen aus drei Ebenen der Konformität – A (Minimum), AA (Standard) und AAA (Maximum) – und decken eine breite Palette von Anforderungen ab, von der Bildbeschreibung über Transkriptionen bis hin zu Tastaturzugänglichkeit.
Definiert wurden die Richtlinien der WCAG 2.2 übrigens von der Web Accessibility Initiative (WAI), welche wiederum Teil des World Wide Web Consortiums (W3C) – der führenden internationale Organisation, die Standards für das Web entwickelt.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft primär alle Bereiche des digitalen Handels und der Dienstleistungen, die bis 2025 barrierefrei gestaltet werden müssen. Dazu gehören E-Commerce-Plattformen, Webseiten mit Terminbuchungen sowie alle genutzten Authentifizierungs-, Identifizierungs- und Zahlungssysteme. Unternehmen müssen außerdem Informationen zur Barrierefreiheit auf ihren Webseiten bereitstellen.
Das BFSG erstreckt sich auf nahezu alle Arten von Webseiten und mobilen Anwendungen, die für den deutschen Markt entwickelt oder bereitgestellt werden. Dies schließt sowohl öffentliche als auch private Anbieter ein, die digitale Inhalte oder Dienstleistungen zur Verfügung stellen.
Was Unternehmen zu beachten haben
Unternehmen müssen bis zum 28.06.2025 ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei gestalten, um Bußgelder zu vermeiden. Neben der Umsetzungsfrist kommen auf Unternehmen auch regelmäßige Tests hinzu: Digitale Angebote sind kontinuierlich auf Barrierefreiheit zu prüfen, einschließlich Feedback von betroffenen Nutzern und sorgfältiger Dokumentation. Allgemein sollten Unternehmen Barrierefreiheit als grundlegenden Bestandteil ihrer langfristigen Strategie begreifen. Nicht als einmalige Maßnahme; sondern als kontinuierlichen Prozess.
Barrierefreiheit im digitalen Kontext umfasst verschiedene Bereiche, die sich grob in vier Hauptkategorien einteilen lassen:
Wahrnehmbarkeit: Inhalte müssen so gestaltet sein, dass alle Nutzer sie mit ihren Sinnen erfassen können, z. B. durch Textalternativen für Bilder und hohe Farbkontraste.
Bedienbarkeit: Alle Funktionen und Navigationselemente müssen für verschiedene Bedienmethoden zugänglich sein, zum Beispiel mit der Tastatur, um Nutzern mit motorischen Einschränkungen oder ohne Maus Zugang zu ermöglichen.
Verständlichkeit: Inhalte und Navigation sollten klar strukturiert und leicht verständlich sein, damit sich alle Nutzer gut zurechtfinden.
Robustheit: Inhalte müssen technisch so aufgebaut sein, dass sie von verschiedenen Geräten, Browsern und Hilfstechnologien (wie Screenreadern) korrekt interpretiert werden können.
Welche genauen Anforderungen mit diesen Prinzien erfüllt werden sollten, haben wir im Folgenden exemplarisch zusammengestellt.
Prinzip der Wahrnehmbarkeit:
Schriften und Texte sind gut erkennbar und leserlich (Kontraste, Farbgebung, Hierarchie etc.)
Das Design passt sich flexibel dem Gerät und den Nutzenden an
Die Webseite unterstützt den Einsatz von Hilfsmitteln wie dem Screen-Reader
Prinzip der Bedienbarkeit:
Alle Funktionen sollten per Tastatur erreichbar sein
Der Fokus auf der Seite muss klar erkennbar und logisch navigierbar sein
Nutzer sollten ausreichend Zeit haben, um Inhalte zu lesen oder Eingaben vorzunehmen
Vermeidung blinkender oder bewegter Inhalte für bessere Zugänglichkeit
Prinzip der Verständlichkeit:
Die Website bietet eine klare Orientierung
Die Texte sind einfach
Infos werden auch in leichter Sprache und Gebärdensprache angeboten
Einheitliche Menüs und Bedienelemente auf allen Seiten
Klare Hilfestellungen bei Eingabefeldern
Prinzip der Robustheit:
Sauberer HTML-Code sorgt für eine zuverlässige Darstellung auf allen Geräten
Webstandards wie WAI-ARIA unterstützen barrierefreie Interaktionen
Fehlertolerante Formate ermöglichen den Zugriff auch bei technischen Problemen
Responsives Design sorgt für Zugänglichkeit auf verschiedenen Geräten
Barrierefreiheit ist weit mehr als nur eine gesetzliche Vorgabe – sie bietet Unternehmen die Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erreichen, Prozesse zu optimieren und das Markenimage zu stärken. Hier die wichtigsten Vorteile im Überblick:
Neue Zielgruppen erschließen:
Barrierefreie digitale Angebote öffnen Türen für Menschen, die bislang ausgeschlossen wurden. Gerade Menschen mit Einschränkungen profitieren von inklusiven Anpassungen, wodurch Unternehmen neue Kundengruppen ansprechen können.
Markenimage stärken:
Unternehmen, die Barrierefreiheit ernst nehmen, zeigen Verantwortungsbewusstsein und positionieren sich als Vorreiter für soziale Verantwortung. Das stärkt langfristig das Vertrauen und das Image der Marke.
SEO verbessern:
Klare Strukturen, optimierte Navigation und zugängliche Inhalte erhöhen nicht nur die Nutzerfreundlichkeit, sondern verbessern auch die Sichtbarkeit in Suchmaschinen. Barrierefreiheit wird so zum Wettbewerbsvorteil.
Supportbedarf senken:
Barrierefreie Websites sind intuitiver und leichter zu bedienen. Das führt zu weniger Nutzerfragen und reduziert den Supportaufwand – eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Nutzer:innen.
Usability verbessern:
Was barrierefrei ist, ist auch benutzerfreundlich. Eine klare Navigation und optimierte Lesbarkeit erleichtern allen Nutzer:innen den Zugang zu Informationen – unabhängig von Einschränkungen.
Rechtliche Vorgaben erfüllen:
as Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) macht Barrierefreiheit bis 2025 zur Pflicht. Wer jetzt handelt, sichert nicht nur die Einhaltung der gesetzlichen Standards, sondern auch langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Digitale Barrierefreiheit ist kein einmaliger Meilenstein, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der regelmäßige Anpassungen und Optimierungen erfordert. Um eine Website langfristig inklusiv zu gestalten, ist ein schrittweises und strukturiertes Vorgehen entscheidend. Der Prozess beginnt mit einer automatisierten Erstprüfung der Website, bei der grundlegende Barrieren identifiziert werden. Tools wie Eye-Able liefern eine solide Ausgangsbasis und helfen, erste Schwachstellen zu erkennen. Ergänzend dazu ist ein Experten-Audit unverzichtbar. Manuelle Prüfungen nach den WCAG 2.2-Richtlinien decken spezifische Probleme auf, die automatisierte Tests oft übersehen – wie etwa die Komplexität von Navigationselementen oder fehlende Kontraste.
Die Ergebnisse dieser Analysen fließen in ein Backlog, das konkrete Handlungsempfehlungen priorisiert und die nächsten Schritte definiert. Design- und Entwicklungsteams arbeiten dann eng zusammen, um die identifizierten Barrieren systematisch zu beseitigen. Dabei ist eine gründliche Dokumentation der Lösungen entscheidend, um ein Wissensfundament für zukünftige Optimierungen zu schaffen. Doch selbst nach der Umsetzung endet der Prozess nicht. Kontinuierliches Monitoring ist essenziell, um sicherzustellen, dass neue Inhalte oder Änderungen an der Website keine neuen Barrieren schaffen. Dieser iterative Ansatz gewährleistet, dass Barrierefreiheit dauerhaft Teil der digitalen Strategie bleibt und langfristig die Nutzerfreundlichkeit sichert.
Mit diesem strukturierten Prozess stellen Unternehmen sicher, dass ihre Websites nicht nur die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern auch inklusiv und zukunftsfähig gestaltet sind.
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