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24.01.2022

NFT: N-F-Tha Fuck?

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Was ist ein NFT?

N - F - What? NFT ist die Abkürzung für Non Fungible Token, also ein nicht austauschbarer Gegenstand. Ein NFT kann fast alles sein: ein Meme, ein Lied, ein Kunstwerk, ein Videogame-Accessoire, ein Tweet, ein virtuelles Haus oder Grundstück, eine Domain, ein Video von einem legendären Moment… Die Liste kann endlos fortgeführt werden. Denn letztlich kann alles (also wirklich alles) zu einem NFT werden. Entscheidend dabei ist vor allem, dass der Besitz dieser Gegenstände oder digitalen Assets beim Kauf fest auf der Blockchain vermerkt wird und so nicht mehr fälschbar ist.

Aber wie entsteht ein NFT überhaupt?

Der Prozess ist eigentlich ganz simpel:

  1. Wallet erstellen: Zuerst erstellt man ein digitales Crypto-Wallet, also einen digitalen Geldbeutel, zum Beispiel bei Phantom oder bei Kraken

  2. Wallet befüllen: Das Wallet kann nach Erstellung mit Kryptowährungen befüllt werden. NFTs werden fast ausschließlich mit der Cryptowährung Ethereum gehandelt, deshalb sollte auch das Wallet mit Ethereum befüllt werden. Ethereum kann man beispielsweise bei Coinbase kaufen. 

  3. Minting: Auf Plattformen wie SolSea und OpenSea findet der eigentliche Erstellungsprozess statt. Hier verbindet man zuerst sein Wallet mit der Plattform und kann dann die Dateien (egal ob Bild, Video, Sound, ...) hochladen, beschreiben und den Wert festlegen. Sobald man das gemacht hat, wird auf der Blockchain der “proof of work” vermerkt und alle dazugehörigen Informationen werden gespeichert. Für das Minting zahlt man je nach Plattform einen kleinen Beitrag.

  4. Ready: Jetzt kann man das NFT über verschiedene Plattformen wie Rarible, OpenSea, und Nifty Gateway verkaufen und versteigern. 

Seek + Find NFT Beispiele

Und warum ist das jetzt relevant?

Mike Winkelmann aka Beeple ist ein Künstler aus den USA und hat im letzten Jahr eines seiner Kunstwerke als NFT bei dem Traditions-Auktionshaus Christie’s verkauft – für 69,3 Millionen US Dollar. “Everydays: The First 5000 Days” ist eine Collage von 5000 digitalen Bildern, die Beeple über 14 Jahre hinweg täglich erstellt hat. Auf den ersten Blick kein allzu spektakuläres Kunstwerk. Verkauft wurde es als große JPEG-Datei mit dem dazugehörigen Ethereum-Blockchain-Code. Das Copyright gibt es beim Erwerb aber nicht gratis dazu. Das bedeutet, dass weiterhin alle dieses Bild nutzen können, aber nur dem:der Käufer:in gehört die Original-Datei. Funfact: Da das Copyright immer noch bei Beeple liegt, kann er die einzelnen 5000 Bilder weiterverkaufen – und hat damit auch prompt nach der Versteigerung das Bild von Tag 4344 für weitere 6 Millionen US Dollar versteigert. 

Die Idee, für den symbolischen Besitz eines digitalen Bildes zu bezahlen, das irgendwo im Internet lebt und innerhalb von Sekunden durch einen Screenshot oder einen Rechtsklick heruntergeladen werden kann, ist so fremd, dass sie für Viele unverständlich oder ironisch erscheint. Dennoch behaupten die Befürworter von NFTs, dass sie genau dieses Problem lösen: die nahezu unmögliche Monetarisierung digitaler Kunstwerke. "Als Mechanismus machen es NFTs möglich, digitaler Kunst einen Wert zuzuweisen, was die Tür zu einem Meer von Möglichkeiten für ein Medium öffnet, das nicht durch physische Grenzen eingeschränkt ist" — Noah Davis, Experte für zeitgenössische Kunst bei Christie’s.

Irgendwo zwischen bizarr und beeindruckend

Es gibt durchaus einige Vorteile in dieser bizarr scheinenden Kunstwelt.

Einer der Hauptpunkte ist, dass durch das digitale Besitz-Zertifikat auf der Blockchain die Fälschung von Dateien nutzlos ist. Zwar können Bilder, Videos und Musikdateien weiterhin von allen heruntergeladen werden, allerdings kann niemand mehr den Besitz oder die Erstellung dieser Dateien für sich beanspruchen. Originale können durch NFTs von Kopien unterschieden werden. Für kleine Künstler:innen ist das eine großartige Möglichkeit, um sich vor Ausbeutung durch große Künstler:innen, Labels und Organisationen oder Trolls zu schützen. 

Auch die Möglichkeit von Smart-Contracts ist für viele NFT-Schaffende eine nachhaltige Möglichkeit, um Geld zu verdienen. So kann man als ursprüngliche:r Besitzer:in im Voraus festlegen, dass man bei jedem Weiterverkauf x% des Verkaufswerts beteiligt wird. Besonders für neue Künstler:innen kann das eine gute Chance sein. Vielen ist das Potential ihrer Kunst in frühen Phasen gar nicht bewusst und sie lassen sich zu schnell auf Deals ein, durch die sie einige Jahre später Millionen hätten verdienen können. Um sich das ganze “hätte, wäre, könnte” zu ersparen, kann man sich durch diese Smart-Contracts absichern. 

Menschen, die kein besonderes Talent haben, mit dem sie Kunst erschaffen können, haben trotzdem hypothetisch die Möglichkeit, von NFTs zu profitieren. Wir kennen sicher alle die Situation, dass wir mal bei einer Bewerbung oder anderen großen Ereignissen ein beglaubigtes Abschlusszeugnis oder andere notarielle Dokumente beilegen mussten. Auch solche Beglaubigungen könnten durch die NFT-Nutzung bald überfällig werden. Forschende des Fraunhofer Instituts entwickelten beispielsweise eine Technologie, mit der sie Dokumente in NFTs umwandeln und so deren Fälschung ausgeschlossen wird. Auch wenn viele Deutsche ihre Bürokratie lieben, sind bestimmt mindestens genau so viele froh darüber, wenn ihnen der ein oder andere Papierkram erleichtert wird. Auch grenzübergreifender Handel wird durch NFTs viel zugänglicher und öffnet vielen Unternehmen so neue Türen. Die Frage nach Regulierung dieses grenzenlosen Handels ist natürlich nochmal ein anderes Thema…

Ein weiterer zentraler Vorteil von NFTs ist die Möglichkeit zur Stärkung der Identität in virtuellen Welten. “Du bist, was du trägst” ist für einen großen Teil unserer Gesellschaft mehr als nur eine leere Phrase. Selbstverständlich spielt Kleidung und das Erscheinungsbild daher auch heute in Videogames schon eine zentrale Rolle. Sobald das Metaverse Einzug in unseren Alltag hält, werden virtuelle Erscheinungsformen auch stärker weiterentwickelt werden. NFTs bilden eine super Möglichkeit, den eigenen Style zu betonen und “leeren” Avataren mehr Persönlichkeit zu verleihen. Wenn schon virtuell leben, dann wenigstens mit Stil – oder?

Alles nur zum Flexen?

Dass viele Menschen sich durch Statussymbole profilieren, liegt in der Natur der Menschen. Und es ist ja auch eigentlich ganz schön, sich für die getane Arbeit mal eine kleine oder größere Belohnung zu gönnen. Für die Einen ist das vielleicht eine neue Tasche, ein Wochenendtrip oder das neue iPhone. Für die Anderen kann das aber genauso gut ein neues NFT sein. Eigentlich logisch – wir freuen uns doch alle, wenn wir mal mit etwas prahlen können, was nur uns gehört. Wenn das dann noch etwas ist, was alle im Internet bewundern können und was noch dazu von einem bekannten Künstler oder einer renommierten Künstlerin geschaffen wurde, ist das die cherry on top. Besonders Kunstwerke waren schon immer sehr begehrte Sammlerstücke – eigentlich also kein Wunder, dass diese Tradition auch in der digitalen Welt immer mehr Einzug hält. 

In einigen Jahren wird das Metaverse für die meisten Menschen vermutlich ein vertrauter Ort sein. Klar, dass man sich sein Zuhause im Metaverse auch nett gestalten möchte. Durch NFT Kunst, haben wir dann die Möglichkeit, unsere Kunstwerke an die Wand zu hängen oder an öffentlichen Plätzen auszustellen und so allen unseren Besitz zu zeigen. Auch heute klingt es schon ganz cool, wenn man sagen kann, dass man einen der seltenen Bored Apes besitzt und so Zugang zu der Bored Apes-Community hat. Die neue High-Society definiert sich womöglich über genau diese exklusiven Zugänge. In der Unendlichkeit des Metaverse können über diese exklusiven Zugänge separate Räume für bestimmte Personengruppen geschaffen werden. 

Auch spannend für die Bedeutung von NFTs ist der Besitz von NFTs über Generationen hinweg. Heute werden meist nur wenige wirklich bedeutsame Erbstücke an die nachfolgenden Generationen weitergegeben oder werden dann schnell zu Staubfängern im Wohnzimmer. Wenn aber auch digitale Objekte und NFTs einen hohen emotionalen und monetären Wert haben, wird die Bedeutung der Weitergabe an die Kinder oder Enkelkinder plötzlich auch wieder einen anderen Wert haben. Und irgendwie ist es ja auch ein schöner Gedanke, dass die Fülle des Internets durch NFTs einen Wert bekommt und so auch kleine Dinge wieder bedeutsamer werden können. 

Gleichzeitig wächst so natürlich auch die Gefahr dafür, dass das einst so offene und neutrale digitale Leben, in dem jeder grundsätzlich denselben Wert und dieselben Möglichkeiten hat, in ähnliche gesellschaftliche Schichten aufgeteilt wird, wie unsere heutige Gesellschaft. Das eigentlich so große Internet mit endlos vielen frei zugänglichen Inhalten wird durch NFTs einer künstlichen Verknappung unterzogen. 

Andererseits ist das aber womöglich auch nur der natürliche Lauf der Menschheit, die seit jeher versucht, ihrem Geltungsdrang nachzukommen – Jäger und Sammler gab es schon immer. Die Pharaonen haben sich gebattelt, wer die schönsten und höchsten Pyramiden hatte. Die alten Römer haben sich in Marmor-Statuen verewigt. Die Adligen im Mittelalter haben sich porträtieren lassen. Im Barock war cool, wer die höchsten Perücken trug. Heute wird zu Typen mit großen Autos und vielen Follower:innen aufgeschaut. Und vielleicht sind dann morgen die Leute cool, die seltene NFTs besitzen und mit ihnen im Metaverse beeindrucken können.

Wie nutzen Brands NFTs?

Immer mehr Unternehmen erkennen, welche Bedeutung NFTs für die Transition ins Metaverse haben.

Nike zum Beispiel hat 2019 bereits eine Technologie patentieren lassen, mit Hilfe derer Käufer:innen einen NFT zu ihrem Schuh dazubekommen. Mit den “Cryptokicks” bleibt der Wert der Schuhe zumindest digital bestehen und steigt sogar über die Zeit. Man sieht: nicht nur digitale Objekte können mit NFTs vor Fälschungen geschützt werden. Auch Dolce & Gabbana ist als Vorreiter in der Modewelt unterwegs, was NFTs betrifft. Bei der Fashionweek in Mailand im Herbst 2021 wurde ein digitaler Glasanzug für mehr als 1 Million US Dollar verkauft. Das ist bis dato der teuerste Anzug, den das Luxuslabel je verkauft hat. Zusätzlich bekommt der Käufer auch noch einen “echten” maßgeschneiderten Anzug. Außerdem wurden im Rahmen der Fashionweek auch rein digitale Objekte für tausende US-Dollar versteigert. Die NBA verkauft Videoclips von legendären Würfen als NFT und verdient durch Smart-Contracts auch an jedem Weiterverkauf. 

Und auch in der Unterhaltungsbranche halten NFTs langsam aber sicher Einzug. Im Herbst 2021 erschien erstmals ein Spielfilm, der nur als NFT zugänglich war. Fans, Spekulateure und Sammler konnten über die Plattform vuele.io den Film "Zero Contact" von Anthony Hopkins über verschiedene NFT-Drops anschauen. Auch Marvel plant den Einsatz von NFTs bereits durch die Erstellung von exklusiven Sammelbildern von Spiderman und Captain America. Und das lohnt sich: Zu Beginn des Jahres 2020 lag der Durchschnittswert eines NFTs bei knapp 25 US Dollar. Am 30. November 2021 lag dieser Durchschnittswert bei 913,48 US Dollar. Das entspricht einer Steigerung von ca. 3.554% (Quelle: nonfungible.com).

Heißt das, dass jedes Unternehmen jetzt auf NFTs setzen sollte, um mitzuhalten? Nein, denn aktuell ist der ganze Markt noch seeehr spekulativ. Natürlich haben Early Adopters immer gewisse Vorteile; aber die gesamte Geschäftsstrategie nach einem Trend auszurichten, ist vermutlich nicht die schlauste Idee. Aber: Never say never & you do you – Über Erfolgsstorys freuen wir uns.

Wie geht's jetzt weiter?

Momentan sind die Big-Player im NFT-Game noch erfahrene Spekulateure und Investoren – denn, Zugang zu den heißbegehrten NFTs gibt es meist nur über Whitelists. Und auf diese Whitelist schafft man es meist nur, wenn man gute Verbindungen zu den Künstler:innen hat und schon eine Weile dabei ist. 

Denkbar ist aber natürlich, dass mit der steigenden Verbreitung von NFTs auch der Zugang einfacher wird. Wie an den Beispielen sichtbar wird, ist der NFT-Markt aktuell noch sehr stark auf Luxus und Exklusivität ausgelegt. Wenn der Markt sich aber auch mehr dem Mainstream öffnet und es irgendwann normal wird, dass man “reale” Objekte beim Kauf auch als NFT erhält und alles einen wahrhaftigen Besitzer erhält, kann man vermutlich davon sprechen, dass NFTs zur Realität und nicht nur zu einer weiteren absurden Utopie gehören.

Wir sehen: Das Thema NFTs umfasst sehr viel mehr als nur digitale Besitzurkunden. Auf der einen Seite wachsen die Erfolgschancen für kleine Künstler:innen und Creator:innen jeglicher Art. Unternehmen haben die Möglichkeit, ihr Angebot für das Metaverse anzupassen. Es eröffnen sich neue Horizonte für grenzenlosen Handel und internationale Partizipation. NFTs sind nicht durch Vergänglichkeit gefährdet und können über Generationen hinweg Wert transportieren. Gleichzeitig steigt aber eben auch die Möglichkeit, sich durch Geld von Anderen abzuheben und die Illusion einer gleichwertigen digitalen Gesellschaft zu nehmen. Der eigene Geltungsdrang dominiert. Wo im Metaverse eigentlich jeder Mensch unabhängig von Herkunft, sozialem Status und Bildung die selben Chancen hat, kommt doch schon wieder das Geld und baut Grenzen, wo eigentlich keine Grenzen sind. 

Verbauen sich die Menschen mit NFTs die Möglichkeit von Gleichwertigkeit durch den eigenen Geltungsdrang oder sind NFTs die ultimative Lösung, um Besitz im digitalen Zeitalter zu definieren?

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